Und genauso war es: die Geschichte um
den Schriftsteller Marcus Goldmann und seinen ehemaligen Professor
und Freund Harry Quebert zieht einen sofort in den Bann. Geschickt
webt der Autor ein Netz aus verschiedenen Handlungssträngen, die
alle immer irgendwie bei Nola beginnen und enden. Jedes Mal, wenn man
glaubt zu wissen, wie sich die Geschichte um den Mordfall vor 30
Jahren zugetragen hat, nimmt der Roman eine neue Wendung. Man möchte
möglichst schnell zu Ende lesen, um zu wissen, wie es ausschaut mit
der Wahrheit über den Fall Harry Quebert, gleichzeitig aber auch
jedes einzelne Wort auskosten.
Der Roman hat klitzekleine Schwächen,
zugegeben. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau: Die Beziehung
zwischen dem Professor und der minderjährigen Nola bleibt seltsam
gestaltslos und der Teenager spricht in einer Art
und Weise, die mir persönlich etwas gekünstelt scheint und mit zu vielen
Ausrufezeichen versehen ist, - aber die Geschichte an sich und das
Konzept des Buches ist schlicht grandios. Die einzelnen Teile und
Erzählstränge fügen sich nach und nach zu einem grossen, nein,
grossartigen Ganzen. Die atmosphärische Beschreibung von Landschaft
und Mensch packt einen, die Ostküste und deren Besonderheiten, das
Leben am Meer und die Einsamkeit dringen durch jede Zeile dieses
Buches. Und wenn es zu Ende ist, hallt es noch lange in Herz und Hirn
nach. Es fällt schwer, die Figuren loszulassen, mit denen man über
700 Seiten lang gebangt, gerätselt, gelitten und geträumt hat.
Für mich das Buch des Jahres, - eines
wie es einem nur selten unter die Augen kommt.