Montag, 19. August 2013

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert (Joël Dicker)

Ich habe diesen Buch-im-Buch-Roman schon ins Herz geschlossen, als ich erst Besprechungen darüber gelesen habe und bevor es auf Deutsch erschienen ist: Krimi, Liebesgeschichte, Neu-England-Feeling und alles mit einem Hauch von Twin Peaks auf über 700 Seiten, - das klingt nach einer Traumkombi für einen dicken Wälzer, den man nicht aus der Hand legen kann.

Und genauso war es: die Geschichte um den Schriftsteller Marcus Goldmann und seinen ehemaligen Professor und Freund Harry Quebert zieht einen sofort in den Bann. Geschickt webt der Autor ein Netz aus verschiedenen Handlungssträngen, die alle immer irgendwie bei Nola beginnen und enden. Jedes Mal, wenn man glaubt zu wissen, wie sich die Geschichte um den Mordfall vor 30 Jahren zugetragen hat, nimmt der Roman eine neue Wendung. Man möchte möglichst schnell zu Ende lesen, um zu wissen, wie es ausschaut mit der Wahrheit über den Fall Harry Quebert, gleichzeitig aber auch jedes einzelne Wort auskosten.

Der Roman hat klitzekleine Schwächen, zugegeben. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau: Die Beziehung zwischen dem Professor und der minderjährigen Nola bleibt seltsam gestaltslos und der Teenager spricht in einer Art und Weise, die mir persönlich etwas gekünstelt scheint und mit zu vielen Ausrufezeichen versehen ist, - aber die Geschichte an sich und das Konzept des Buches ist schlicht grandios. Die einzelnen Teile und Erzählstränge fügen sich nach und nach zu einem grossen, nein, grossartigen Ganzen. Die atmosphärische Beschreibung von Landschaft und Mensch packt einen, die Ostküste und deren Besonderheiten, das Leben am Meer und die Einsamkeit dringen durch jede Zeile dieses Buches. Und wenn es zu Ende ist, hallt es noch lange in Herz und Hirn nach. Es fällt schwer, die Figuren loszulassen, mit denen man über 700 Seiten lang gebangt, gerätselt, gelitten und geträumt hat.

Für mich das Buch des Jahres, - eines wie es einem nur selten unter die Augen kommt.